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Mirin

Der Süßreislikör 

Toshio Sumiyas stest gewinnendes Lächeln, so meinen seine Nachbarn scherzhaft, sei auf die berauschenden Dämpfe des gärenden Süßreislikörs zurückzuführen, die er in seinem Betrieb einatmet. Oberbraumeister Sumiya wehrt lachend ab. Grund für seine gute Laune sei nicht nur die hochprozentige Duftwolke über seinem Arbeitsplatz, sondern vor allem der Stolz auf sein Familienunternehmen. Die Firma Sumiya Bunjiro Shoten liegt in dem kleinen Küstenstädtchen Hekinan in Zentraljapan. Sie ist einer der wenigen Hersteller von echtem Süßreislikör im ganzen Land.

Die Erzeugung von Mirin, dem echten Süßreislikör, war einst ein blühender Wirtschaftszweig mit über 200 Betrieben. Doch die Reisknappheit während des Zweiten Weltkrieges und die hohe Alkoholsteuer der Nachkriegszeit (76%) zwang so gut wie alle diese Betriebe zum Aufgeben. Einer Mitteilung von Asahi Shimbun, Japans führender Tageszeitung, zufolge, war der Betrieb der Familie Sumiya im Jahre 1959 der einzige in ganz Japan, der noch mit den traditionellen Braumethoden arbeitete. Erst vor wenigen Jahren begannen weitere Betriebe wieder mit der Herstellung von echtem Mirin. Bis dahin was Sumiya Bunjiro Shoten die einzige Manufaktur gewesen, die diese Tradition weitergeführt und damit am Leben erhalten hatte.

Die Beharrlichkeit, mit der die Familie Sumiya an den traditionellen Qualitätsmaßstäben festhielt, wurde in den frühen siebziger Jahren belohnt. Ihr Mirin errang damals in fünf aufeinanderfolgenden Jahren die Goldmedaille der „Gesellschaft für alkoholhaltige Würzmittel“. 1975 wurde der Mirin der Familie Sumiya als einziger jemals gekürter Süßreislikör mit dem begehrten Diamond Award für hervorragende Qualität ausgezeichnet. Ein halbes Jahrzehnt später leitete Chris Dawson von der Firma Mitoku den Export von Sumiya-Bunjiro-Shoten-Mirin in alle fünf Kontinente in die Wege und verhalf Toshio Sumiya damit zu internationalem Ansehen. In Deutschland wird Sumiyas Mirin unter der Bezeichnung „Mikawa Mirin“ von der Firma ARCHE vertrieben.

Sollten Sie echten Mirin noch nicht kennen, machen Sie sich auf eine angenehme Überraschung gefasst. Als exquisites und vielseitiges Würzmittel unterstreicht er das Aroma milder Speisen in einzigartiger Weise. Seine feine Süße rundet viele Gerichte harmonisch ab und dämpft bei anderen, z.B. Meeresfrüchte, den starken Eigengeschmack. Glasierten Speisen verleiht Mirin Glanz und Struktur. Mit etwas Erfahrung lässt sich Mirin in vielfältiger Weise einsetzen, um sowohl asiatische als auch heimische Gerichte zu verfeinern. Mirin, der in Japan bis zur Überhandnahme des weißen Zuckers das traditionelle Süßmittel war, bereichert das Aroma von süßen und salzigen Saucen, von Salatdressings, Nudelsuppen, gedämpften Gemüse- und Fischgerichten, von gedünsteten oder gerösteten Speisen, gebratenen Nudeln und Sushi-Reis, Marinaden sowie Tempura- und Sushi-Saucen.

 

Geschichte des Mirin

Mirin trat zum ersten Mal vor mehr als 500 Jahren als dickflüssiges, süßes Getränk in Erscheinung. Alte japanische Texte berichten, dass die Japaner bereits im 12. Jahrhundert damit begonnen haben, als Getränk für festliche Anlässe gekochten, kleberhaltigen Süßreis mit Sake (Reiswein) zu vermischen. Aufgrund seines hohen Hefe- und Zuckergehaltes verdarb dieses Mirin-ähnliche Getränk jedoch sehr leicht. Im 16. Jahrhundert begannen die auf den warmen südlichen Inseln gelegenen Brauerein, dieses Getränk aus Süßreis und Reiswein zu destillieren, um seine Haltbarkeit zu erhöhen. Das Ergebnis war ein achtzigprozentiges Alkoholkonzentrat namens Shochu (wörtlich: feurige Geister), das ungefähr wie Wodka schmeckte. Shochu hielt sich bei warmen Temperaturen.

In den darauffolgenden Jahrhunderten entwickelten die Brauereien in Zentraljapan nach und nach den Herstellungsprozeß für Mirin, indem sie Shochu natürliche Enzyme und Süßreis zusetzten. Diese Mischung wurde einem langen Reifeprozess und einer anschließenden Klärung unterzogen, um am Ende als dickflüssiger Likör in Flaschen abgefüllt zu werden. Dieser Likör stieg in der Wertschätzung der Japaner zu einem der exklusivsten und teuersten alkoholischen Getränke auf. (Trotz seines nur zwölf- bis vierzehnprozentigen Alkoholgehaltes, der dem Wein gleichkommt, hat Mirin als Destillat größte Ähnlichkeit mit Likören und Branntwein.) Als man später seine vorzüglichen Eigenschaften als Würzmittel entdeckte, wurde der Geschmack von Mirin zu einem bestimmenden Faktor in der höchsten Stufe japanischer Kochkunst, dem traditionellen Kaiseki.